seilbahn.net | Themenbereiche | Pisten | 2021-07-08

OGH Entscheidung: Eisbildung unter Kunstschnee: Keine Haftung für Pistenbetreiber

Der Kläger begehrte nach einem Sturz auf der von der beklagten Seilbahnbetreiberin gehaltenen Piste Schadenersatz sowie die Feststellung der Haftung für sämtliche zukünftige Schäden und Nachteile aus dem Unfall.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung durch das Erstgericht.

Rechtliche Beurteilung

In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage auf:

Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht das Verhältnis zwischen der Größe und der Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihrer Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewussten Benützers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend. Ob in diesem, im Wesentlichen von der konkreten örtlichen Situation abhängigen Rahmen, die Pistenhalterin das ihr Zumutbare unterlassen hat, entzieht sich wegen der Einzelfallbezogenheit generellen Aussagen. Die den Pistenhalter treffende Pflicht zur Sicherung der Piste bedeutet nicht die Verpflichtung, den Schifahrer vor jeder möglichen Gefahr zu schützen, die ihm von der Piste her droht, würde doch eine solche Forderung dem Pistenhalter unerträgliche Lasten aufbürden, die in keinem angemessenen Verhältnis zum Schutzeffekt stünden; eine vollkommene Verkehrssicherung ist weder auf Schipisten noch sonst irgendwo zu erreichen.

Die Bildung der – für den Sturz des Klägers ursächlichen – Eisfläche auf der in der Nacht zum Unfalltag fachgerecht präparierten Piste war für die Beklagte weder vermeidbar, noch konnten ihre Mitarbeiter die Eisfläche im Rahmen der von ihnen durchgeführten Kontrollfahrt erkennen; an der konkreten Stelle musste mit einer solchen Kombination aus Eisbildung und Glättung der Oberfläche, die durch wenige Zentimeter dicken Kunstschnee verdeckt war, nicht gerechnet werden. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, nach der hier der Beklagten keine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten vorgeworfen werden kann, entspricht den dazu entwickelten Judikaturgrundsätzen. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers wird damit nicht ausgesagt, dass damit eine „genauere Überprüfung solcher Stellen“ wegfallen würde, war doch mit der an der konkreten Stelle aufgetretenen, außergewöhnliche Kombination von Glatteisbildung und dünner Kunstschneeschicht nicht zu rechnen. Daher bestand auch kein Anlass für besondere weitere Überprüfungen der Piste durch die Beklagte.

Die Revision behauptet, die nach den Feststellungen dem technischen Standard entsprechenden, zweimal täglichen Kontrollfahrten (morgens und gegen Betriebsschluss) hätten aufgrund der „Gefahrenlage“ nicht ausgereicht. Damit übergeht sie wiederum, dass mit der Glatteisbildung an der konkreten Stelle nicht zu rechnen und die Eisfläche für die Mitarbeiter der Beklagten nicht erkennbar war, dass es weder zeitlich noch personell bei den üblichen Kontrollfahrten möglich war, unter die Kunstschneeschicht „zu blicken“. Der Revisionswerber konkretisiert auch nicht, welche zusätzliche, für die Beklagte zumutbare Vorgangsweise den Sturz seiner Ansicht nach verhindern hätte können.

Das Argument der Revision, die Beklagte habe durch die Aufbringung von Kunstschnee eine „künstlich geschaffene Gefahrenstelle“ geschaffen, übersieht ebenfalls die Feststellung, nach der die Beklagte an einem derart extremen Vorgang wie der Bildung der später für den Unfall ursächlichen, zunächst durch den Kunstschnee verdeckten Eisfläche nicht rechnen musste. Entgegen der Behauptung der Revision hat die Beklagte diese Eisfläche nicht „hingenommen“, sondern haben ihre Mitarbeiter diese im Rahmen der durchgeführten Kontrollen nicht erkennen können; insoweit sich der Kläger in seiner Rechtsrüge über diese bindende Feststellung hinwegsetzt, ist diese nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Von einem – wie die Revision meint – „Freifahrtschein für Pistenhalter“ durch die angefochtene Entscheidung kann keine Rede sein.

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