Val Thorens: Untersuchungsbericht über die Kollision der beiden Kabinen mit den Stationen der Seilbahn Cime CaronAm Dienstag, den 19. November 2024 gegen 6:45 Uhr trifft ein technischer Verantwortlicher des Seilbahnbetreibers SETAM (Société d’Exploitation des Téléphériques de Tarentaise et Maurienne) an der Talstation der Seilbahn Cime Caron in Val Thorens ein. Seit einigen Monaten, während das Skigebiet noch nicht für die Öffentlichkeit geöffnet ist, bedient er regelmäßig diese Anlage, um die ersten morgendlichen Fahrten durchzuführen. Diese dienen dazu, Handwerker und Material auf den Gipfel der Cime Caron zu bringen, wo sich seit zwei Jahren eine Baustelle für ein Gebäude befindet. Der Fahrer begibt sich zum Steuerpult und startet die Anlage. Er öffnet die Türen der Kabine, um 16 Handwerker einsteigen zu lassen. Diese Kabine Nr. 2 war über Nacht in der Talstation geblieben, um ein Einfrieren der Winden zu verhindern. Um einen Stillstand der Anlage auf der Strecke aufgrund möglicher technischer Störungen bei dieser ersten Fahrt zu vermeiden und eine angemessene Fahrzeit zu gewährleisten, schaltet der Fahrer insgesamt vier Betriebsarten-Wahlschalter um und aktiviert zwei Überbrückungen auf dem Überwachungsbildschirm. Die Anlage befindet sich somit im manuellen Modus, im Sonderbetrieb, mit aktiver Überbrückungsfreigabe und im Modus „außerhalb der Sicherheit“, wobei die Seilabstände 1 und 2 überbrückt sind. Es ist 6:50 Uhr. Der Fahrer startet die Seilbahn und regelt die Geschwindigkeit manuell über ein Potentiometer. Er fährt langsam an und stoppt Kabine Nr. 2 über einer Arbeitsplattform, die vor der Station am Boden steht. Die Winden werden nun von einem Handwerker aus der Kabine über die Evakuierungsluke im Kabinenboden bedient. Der Fahrer befestigt die Winden an der (leeren) Arbeitsplattform, die anschließend 3 bis 4 Meter unter die Kabine gezogen wird. Die Luke bleibt offen. Der Fahrer kehrt zum Steuerpult zurück und setzt die Anlage in Bewegung, wobei er die Geschwindigkeit bis auf 8 m/s hochregelt. Der Fahrer hört ein mechanisches Geräusch außerhalb der Station, in der Nähe der Umlenkscheibe der Seilbahn. Er verlässt den Steuerstand, bleibt jedoch in der Nähe, um die Geräuschquelle zu identifizieren. Er kehrt jedoch nicht zum Steuerpult zurück und bleibt insgesamt 3 Minuten und 16 Sekunden draußen. In diesem Moment hört er, wie Kabine Nr. 1 in die Talstation kracht. Er eilt sofort zum Steuerpult zurück – es ist 7:01 Uhr. Da das Potentiometer weiterhin auf 8 m/s eingestellt war und die Überbrückungen noch aktiv waren, konnten nur die Übergeschwindigkeitsüberwachungen in der Stationsnase eine Sicherheitsabschaltung auslösen und die Kabinen abbremsen. Der Aufprall erfolgte wahrscheinlich bei 6 m/s. Als Kabine Nr. 2 mit der Bergstation kollidiert, rutscht ein Handwerker durch die offene Luke und stürzt auf die darunter befindliche Arbeitsplattform. Zwei Personen werden schwer, vier weitere leicht verletzt. Die zehn übrigen Insassen, obwohl unverletzt, erhielten psychologische Betreuung. Der SETAM-Fahrer erlitt einen psychischen Schock. Die Sachschäden betreffen hauptsächlich die beiden Kabinen, das Zugseil und Teile der Stationsstruktur. Durch den Start der Gondelbahn von Orelle konnten die Rettungskräfte trotz schwieriger Wetterbedingungen, die den Zugang mit Hubschraubern zum Gipfel verhinderten, in angemessener Zeit vor Ort sein. Die Untersuchungen ergaben, dass das technische System der Seilbahn Cime Caron nicht Ursache des Unfalls war. Die Unfallursachen sind ausschließlich menschlicher und organisatorischer Natur. Die „auslösende“ Ursache des Unfalls war das menschliche Versagen eines technischen Verantwortlichen der SETAM bei der Bedienung der Seilbahn. Dieser verließ den Steuerstand, um ein ungewöhnliches Geräusch zu untersuchen, während die Anlage im manuellen Sonderbetrieb ohne Sicherheitsfunktion und mit überbrückten Seilabständen 1 und 2 lief. Er vergaß dabei, dass die Kabinen während seiner Abwesenheit in die Stationen einfuhren. Unabhängig davon ist das menschliche Versagen zwar der Auslöser des Unfalls, stellt aber vor allem den Wendepunkt einer seit Monaten bestehenden unsicheren Betriebspraxis dar, die mehreren technischen Verantwortlichen der SETAM gemein war. Die eigentliche Hauptursache ist das systematische Missachten der Vorschriften durch das technische Management der SETAM, welche den Transport von Personen im manuellen Hochgeschwindigkeitsbetrieb „außerhalb der Sicherheit“ ausdrücklich untersagen. Zwei organisatorische Faktoren trugen zur Kollision bei: • Die missverständliche bzw. falsche Anwendung des Begriffs „im Betrieb“ oder „außer Betrieb“, der verschiedene Betriebsregeln beeinflusst. Um solche Unfälle künftig zu vermeiden, gibt das BEA-TT fünf Empfehlungen und eine Einladung heraus. Diese betreffen hauptsächlich: Zudem hat das STRMTG am 18. Dezember 2024 eine technische Empfehlung an die Fachbranche für den Betrieb von Seilbahnen und Standseilbahnen veröffentlicht, in der die Vorschriften für den Personentransport außerhalb der öffentlichen Betriebszeiten in Erinnerung gerufen werden. Parallel zur Untersuchung des BEA-TT hat der Betreiber eine eingehende Analyse durchgeführt und einen detaillierten Aktionsplan ausgearbeitet, von dem einige Maßnahmen bereits umgesetzt wurden. |