seilbahn.net | Themenbereiche | Tourismus/Gastro | 2025-07-04

Markus Redl: Was Skigebiete aus dem Google Maps-Fiasko lernen müssen

Plötzlich waren sie weg: Pisten und Lifte – spurlos verschwunden aus Google Maps. Zunächst in den USA bemerkt, dann auch in Europa. Ausgerechnet zu Beginn der vergangenen Wintersaison. Für eine Branche, deren Geschäftsmodell maßgeblich von Sichtbarkeit, Orientierung und digitaler Customer Journey lebt, ist das mehr als nur ein technischer Patzer.

Dabei war der Anfang durchaus vielversprechend: Bereits 2013 kündigte Google an, Skigebiete in Maps zu integrieren – inklusive Pisten, Aufstiegshilfen und Trail-Markierungen. Doch was folgte, war ein typisches Plattform-Schicksal: Anfangseuphorie ohne nachhaltige Pflege. Veraltete Liftanlagen tauchten noch Jahre später auf, während neue Infrastrukturen – etwa in der Wexl Arena in St. Corona am Wechsel – schlicht fehlten. Die Betreiber bemühten sich vereinzelt um Korrekturen, doch der direkte Draht zu Google blieb ebenso unzuverlässig wie die Daten selbst.

Digital unterschätzt: Der alpine Tourismus als Randnotiz

Die stille Löschung des Skigebiets-Layers zeigt: Im globalen Maßstab spielen Skigebiete für Google keine relevante Rolle. Zu fragmentiert, zu uneinheitlich, zu aufwändig. Statt eines verlässlichen Datenfeeds erwartete Google händische Updates, Einzellösungen und bestenfalls Beschwerden unzufriedener Liftgesellschaften. Aus wirtschaftlicher Sicht war der Rückzug nur konsequent.

Noch beunruhigender ist jedoch, wie wenig Widerstand oder Reaktion folgte. Weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene war die Branche in der Lage, sich klar zu organisieren oder digitale Standards für ihre Kerninfrastruktur durchzusetzen. Die Möglichkeit, mit Google oder anderen Plattformanbietern auf Augenhöhe zu verhandeln, war schlicht nicht gegeben.

Worum es wirklich geht: Sichtbarkeit, Steuerung, Verantwortung

Dabei sind digitale Kartendienste wie Google Maps längst nicht mehr nur nette Begleiter der Urlaubsplanung . Sie steuern die Erwartungen, Bewegungen und Entscheidungen von Millionen Gästen – vor, während und nach einem Aufenthalt. Wer dort nicht vorkommt, findet nicht statt.

Drei Gründe, warum Skigebiete endlich gemeinsam handeln sollten:

  1. Besucherstromlenkung
    Nur mit verlässlichen Echtzeitdaten zu Kapazitäten, Wartezeiten, Parkplätzen und geöffneten Anlagen lässt sich eine gleichmäßige Auslastung steuern – im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Sicherheit, von Komfort und Nachhaltigkeit.
  2. Schutzraumplanung
    Im Zuge der Umsetzung des Nature Restoration Law und ähnlicher Initiativen wird es immer wichtiger, klar zu definieren, welche Infrastrukturen wie genutzt werden dürfen. Digitale Karten spielen dabei eine zentrale Rolle – etwa bei der Abgrenzung von Ruhe- und Nutzungszonen.
  3. KI-kompatible Datenbereitstellung
    Ob ChatGPT, Google Gemini oder Siri – immer mehr Gäste holen sich ihre Infos über KI-Systeme. Fehlen dort belastbare Daten, liefern diese trotzdem Antworten. Nur: Sie werden falsch sein. Wer seine eigenen, korrekten Daten nicht verfügbar macht, fördert die Verbreitung von Missverständnissen oder Halluzinationen.

Der Weg nach vorn: Standards, Plattformen, Zusammenarbeit

Experten wie Hartmut Wimmer (Outdooractive) fordern seit Jahren, dass Tourismusregionen – und besonders Skigebiete – endlich gemeinsame Datenstandards etablieren. Nur so können Informationen zentral gepflegt, maschinenlesbar gemacht und in Plattformen eingespeist werden. Der Aufbau redundanter, isolierter Insellösungen mag kurzfristig attraktiv erscheinen, ist langfristig jedoch ineffizient und potenziell existenzgefährdend.

Was es jetzt braucht, ist ein Schulterschluss – von Betreibern, Verbänden und Technologiepartnern.

Fazit

Der Rückzug von Google Maps ist ein Weckruf: Wer sich digital nicht organisiert, wird übergangen. Wer nicht sichtbar ist, verliert Gäste. Und wer keine verlässlichen Daten liefert, überlässt die Kontrolle anderen – ob Algorithmen oder Mitbewerbern.


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