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seilbahn.net | Themenbereiche | Wirtschaft | 2025-09-23

Günther Aigner: Steigende Preise - Wer kann sich das Skifahren noch leisten?

Jedes Jahr im Herbst kommt die Debatte: „Wie stark werden die Skiticketpreise diesen Winter ansteigen? Ist dieser Anstieg gerechtfertigt?“ Oder es wird gefragt: „Wer kann sich das Skifahren eigentlich noch leisten?“ Schauen wir uns die aktuelle Entwicklung gemeinsam an. 

Schneller als der VPI

Die Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des Tageskartenpreises für Erwachsene (Hauptsaison, ohne Reduktionen) in einem Preiskorb von 11 österreichischen Skigebieten. Der Preis in der Saison 1990/91 war umgerechnet ca. EUR 22,10. Der Preis im Winter 2025/26 wird EUR 75,30 betragen. Werfen wir einen Blick in die Statistik der jüngeren Vergangenheit: 

  • Der Anstieg zum letzten Winter beträgt 3,20 Euro bzw. 4,44 Prozent. Hingegen ist der Verbraucherpreisindex (VPI) im Jahresvergleich lediglich um 3,60 Prozent angestiegen. 
  • Geht man vier Jahre zurück (bis 2021/22), beträgt der Preisanstieg 18,30 Euro bzw. 31,11 Prozent. Der VPI stieg im selben Zeitraum „lediglich“ um 24,90 Prozent. Die Skiticketpreise sind also in den vergangenen vier Jahren um etwa 25 Prozent schneller angestiegen als der VPI. 
  • Die Entwicklung der Löhne, Gehälter und Pensionen ist eng an den VPI angelehnt. Nicht nur in Österreich, sondern auch in den wichtigen Quellmärkten für den österreichischen Skitourismus – beispielsweise in Deutschland oder den Niederlanden. Es ist offensichtlich, dass die Preise für das Skifahren den Löhnen und Gehältern davongaloppieren. 
  • Auch die Unterkünfte und die Gastronomie haben erhebliche Preisanstiege erlebt. Nur sind diese deutlich schwerer vergleichbar als die Skiticketpreise. 

Nun könnte man glauben, dass diese Entwicklung zu einer fortschreitenden Entvölkerung von Österreichs Skipisten führen würde. Das trifft allerdings nicht zu, wie der Chart zur Entwicklung der Skifahrertage (= Skier Visits) seit dem Winter 2000/01 zeigt. Wir erkennen über die vergangenen 25 Jahre eine Seitwärtsbewegung. Im linearen Trend ergibt sich sogar ein Trend zu einer Zunahme der Skifahrertage, jedoch ohne statistische Signifikanz. 

Anmerkung: Der Chart klammert die „Covid-Saisonen“ 2019/20 bis 2021/22 aus, weil die Entwicklungen aufgrund dieses externen singulären Ereignisses den Blick auf die lange Zeitreihe trüben.

Schlussfolgerungen – Teil 1

  • Die Luxurisierung des Skifahrens schreitet ungebremst voran. Es nützt weder, diese Entwicklung zu dramatisieren, noch sie zu verharmlosen. Die Fakten sind ersichtlich und alle Marktteilnehmer tun gut daran, sich der Realität anzunähern. 
  • Das allseits beliebte Suchen und Finden von Sündenböcken ist bei vielen gesellschaftlichen Themen verpönt, scheint beim Skitourismus jedoch kein ethisches Problem darzustellen. Zu Unrecht: Die allermeisten Skigebiete stehen finanziell unter großem Druck und müssen die Preiserhöhungen in dieser Dimension ansetzen. Es ist ein Irrglaube, eine berühmte „urban legend“, dass sich die Skigebiete auf unverschämte Weise die Taschen vollstopfen würden. Die meisten erfolgreichen Skigebiete, die ich kenne, zahlen keine Gewinne an ihre Anteilseigner aus, stattdessen wird jeder mögliche Euro reinvestiert. Zwei prominente Beispiele: Die Silvrettaseilbahn AG in Ischgl (Gründung: 1961) hat seit ihrem Bestehen keinen einzigen Schilling oder Euro an ihre Anteilseigner ausbezahlt – ebenso wie die Bergbahn AG Kitzbühel in den vergangenen mehr als 30 Jahren. 
  • Die Preisentwicklung von 6-Tages-Karten unterscheidet sich kaum von der Preisentwicklung der Tageskarten. Skitouristen müssen somit die gesamte Wucht der Preiserhöhungen stemmen, denn Abfederungsmaßnahmen kann die „Skination“ Österreich nur im Inland durchführen. Plastisches Beispiel: Nur wenn sich eine Familie aus Amsterdam den Skiurlaub auch in Zukunft noch leisten kann, können wir sie weiterhin in Österreich begrüßen. Niemand würde in den Niederlanden jemals zugunsten des Skifahrens in den Markt eingreifen. 
  • Einheimische in Österreich sowie zum Teil auch Vielfahrer aus dem Ausland können hingegen von verschiedenen Modellen profitieren, zum Beispiel von sogenannten „Sportpässen“, „Freizeittickets“ oder von Saisonkarten – diese gibt es regional (im Skigebiet) und überregional (z. B. „Snow Card Tirol“). Die Preisentwicklung der Saisonkarten ist seit Jahrzehnten deutlich langsamer als jene der Tageskarten. 

Ein Blick in die weite Welt überrascht

Die heimischen Skigebietsbetreiber kontern dem allgemeinen Missmut über die Preisentwicklung mit dem Hinweis, dass auch die Qualität der österreichischen Skigebiete überdurchschnittlich stark gestiegen sei und dass Österreich auf dem Weltmarkt ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen könne. Wir sehen uns in einer kleinen Reise rund um die Skiwelt die jeweils teuerste Tageskarte je Land an: 

  • Österreich: EUR 81,50. Ski Arlberg und Sölden. 
  • Italien: EUR 86,00. Dolomiti Superski. 
  • Schweiz: ca. CHF 110,00 (EUR 117,30). Matterhorn Ski Paradise Zermatt / Cervinia. Achtung: Stark verschleierte Preise durch Dynamic Pricing. 
  • USA: ca. USD 350,00 (EUR 300,40). Vail, Beaver Creek, Steamboat Springs, Park City. Achtung: Stark verschleierte Preise durch Dynamic Pricing.

Exkurs: Erstaunliche Sonnenschirm-Inflation in Italien

Und nicht nur das Skifahren weltweit ist preisintensiv, sondern auch in anderen Bereichen der Tourismus- und Serviceindustrie ergeben sich erstaunliche Preissteigerungen. So kostete das Package „Sonnenschirm und zwei Liegen“ an der italienischen Adria im Sommer 2025 bis zu 100 Euro: 
https://www.youtube.com/watch?v=rbWr3bKv3N4

Schlussfolgerungen – Teil 2 – mit globalem Blick

  • Österreich bietet im internationalen Vergleich ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. 
  • Als Folge davon nimmt der Anteil von Skigästen aus aller Welt auf Österreichs Pisten zu. Wir sind ex aequo mit Frankreich das zweitwichtigste Skitourismusland der Welt – nur die USA liegen vor uns. Österreichs Stellung im internationalen Skitourismus ist nach wie vor hervorragend. 
  • Salopp gesagt ist es auf Österreichs Skipisten ähnlich wie beim Münchner Oktoberfest: Die Zelte sind so voll wie eh und je, nur die Zusammensetzung des Publikums hat sich verändert. Münchner oder Einheimische aus der näheren Umgebung, welche sich die „Wiesn“ nicht mehr leisten können oder wollen, werden durch Oktoberfest-Fans aus der ganzen Welt ersetzt. 
  • Jene Skigebiete, welche nicht von der starken internationalen Nachfrage profitieren können, werden es in Zukunft schwer haben. Denn der heimische Markt wird weiterhin eher auf Sparflamme kochen. In diese Kategorie fallen (leider) viele kleine und mittelgroße Skigebiete. 
  • Es sieht so aus, als ob wir uns die Preisvergleiche in Zukunft sparen können, weil die Skigebiete zunehmend tiefer in das sogenannte „Dynamic Pricing“ eintauchen. Am Ende wird es wie bei den Flugreisen sein: Niemand weiß, was ein Flug von München nach New York kostet. Der Preis kann 300 Euro betragen oder vielleicht auch 1300 Euro. Wer weit im Voraus seine Skitickets bucht, ohne zu wissen, wie viel Schnee liegt, wie das Wetter sein wird oder ob ein Familienmitglied krank oder nicht pistentauglich sein wird, kann die Skitickets günstig buchen. 
  • Nirgendwo ist das Skifahren so teuer wie in den USA. Und wir können hier interessante Trends mitnehmen: 1) Das Skifahren boomt so stark wie noch nie zuvor. 2) Dynamic Pricing macht den Markt für die Tageskartenpreise intransparent. 3) Skigebiete bieten relativ günstige Saisonkarten an: Diese geben den Vielfahrern („heavy user“) sowohl ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis als auch Preistransparenz. 

FAZIT

Es ist offensichtlich, dass die Preise für das Skifahren den Löhnen und Gehältern davongaloppieren. Ich bedauere die schleichende Luxurisierung des Skifahrens. Es gibt dabei jedoch keine „Schuldigen“. Zwar bringt die Sündenbockdebatte mediale Klicks und politisches Kleingeld, letztlich ist sie aber weder hilfreich noch von inhaltlicher Substanz. Wir sind mit einer globalen Entwicklung konfrontiert, die man zwar lokal durch Maßnahmen abfedern, jedoch nicht verhindern kann. 

Das Fallbeispiel USA zeigt, dass selbst die dortigen „Mondpreise“ den Skitourismus nicht zum Erliegen bringen konnten. Im Gegenteil: Noch nie zuvor in der Geschichte der USA wurde so viel Ski gefahren wie heute. Wir beobachten dabei einen Trend zum Dynamic Pricing bei Tages- wie Mehrtageskarten und damit einhergehend eine zunehmende Intransparenz der Preise. 

Wie sich der Skitourismus in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Unsere Gesellschaft ändert sich aktuell rasant, nicht zuletzt durch die Digitalisierung – und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind schwierig. Es würde mich allerdings nicht wundern, wenn der im deutschsprachigen Raum dominante Pessimismus zur Zukunft des Skifahrens und des Skitourismus von der globalen Realität überholt wird.

Anhang: Informationen zur Zeitreihe / zum Preiskorb (Abb. 1)

Vor mehr als 10 Jahren erhielt ich den Auftrag eines internationalen Herstellers von Seilbahnen und Skiliften, einen Preiskorb zu erstellen, mit dem man die Anstiege der Skiticketpreise objektiv analysieren kann. Meine Aufgabe bestand darin, die Preise ab 1990/91 für Tageskarten, 6-Tageskarten und Saisonkarten zu eruieren – und das in so vielen österreichischen Skigebieten wie möglich. Am Ende konnten „nur“ 11 Skigebiete in den Preiskorb aufgenommen werden. Meine anfängliche Enttäuschung ist aber längst dem Gefühl des Realismus gewichen: Mehr war nicht möglich. Denn viele Skigebiete WOLLEN keine Preisentwicklungen kommunizieren. Und noch mehr Skigebiete KÖNNEN die Preise der Vergangenheit gar nicht liefern: Ihnen fehlt das dafür notwendige Archiv und/oder das Personal, welches dieses Archiv bedienen kann. 
Seither führe ich die Zeitreihe der Tageskarten ohne Auftrag weiter, aus eigenem Antrieb. Im Preiskorb enthalten sind jeweils die Tageskartenpreise der Hauptsaison, ohne Ermäßigungen wie Gästekarte oder andere Reduktionen. 

Quellen
WKO – Fachverband der Seilbahnen in Österreich (2025). Die Daten zu den österreichischen Skier Visits sind nicht online verfügbar, sondern wurden per E-Mail angefragt. 
Statistik Austria (2025) Wertsicherungsrechner Verbraucherpreisindex. Link: https://www.statistik.at/Indexrechner/#/vpi/wsr

Zum Autor

Günther Aigner (*1977 in Kitzbühel) zählt zu den führenden Forschern zur Zukunft von Skifahren und Skitourismus im deutschsprachigen Raum. Als Keynote Speaker hält er Vorträge im In- und Ausland. In den Medien gestaltet er als Experte den öffentlichen Diskurs mit. Darüber hinaus gibt Aigner sein Wissen als Gastlektor an Hochschulen in Europa und Asien weiter. 

Mit seinem 2013 gegründeten Unternehmen ZUKUNFT SKISPORT berät Günther Aigner alpine Destinationen, Skigebiete sowie Hardware- (z. B. Seilbahnsysteme) und Softwarehersteller (z. B. Zutrittssysteme). Gemeinsam mit ihnen entwickelt er Marketingstrategien für die Herausforderungen der Zukunft. Seine Arbeit dient als Bindeglied zwischen dem akademisch-wissenschaftlichen Denkraum und den alpintouristischen Praktikern. 

Günther Aigner hat an den Universitäten Innsbruck (UIBK) und New Orleans die Diplomstudien Wirtschaftspädagogik und Sportwissenschaften absolviert. Anschließend hat er das Wintermarketing von Kitzbühel (Tirol) geleitet. 2021 ist er an die UIBK zurückgekehrt, wo er als „PhD candidate“ (Doktorat „Management“) den Kreis zur akademischen Forschung schließt und am „Innsbruck Doctoral College – Tourism and Leisure in Mountain Regions“ an alpintouristischen Forschungsprojekten mitarbeitet. Die Universität Innsbruck zählt in der Tourismusforschung zu den Top-75-Universitäten weltweit. 

https://zukunft-skisport.at/


Abb. 2: Die Entwicklung der Skifahrertage in Österreichs Skigebieten von 2000/01 bis 2024/25. Die drei Corona-Winter sind nicht im Chart integriert. Daten: WKO – Fachverband der Seilbahnen. Grafik: Günther Aigner – ZUKUNFT SKISPORT.

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