seilbahn.net | Themenbereiche | Pisten | 2024-05-29

Titlis: Mit Snowfarming gegen den Gletscherschwund

Seit dem 5. Mai stehen die Skilifte am Titlis still. Dennoch wird auf den Pisten mit Hochdruck gearbeitet. Der Gletscher wird abgedeckt, um ihn die warmen Sommermonate möglichst unbeschadet überstehen zu lassen. Die Mitarbeitenden vom Pisten- und Rettungsdienst werden in dieser Zeit zu «Snowfarmern».

Ein kleines bisschen kann Stefan Hallenbarter den Frust der Schneesportfans verstehen. Schliesslich herrschten Anfang Mai, als die Saison am Titlis offiziell zu Ende ging, noch beste Bedingungen. Doch der Leiter des Pisten- und Rettungsdiensts (PRD) hat nicht nur Verständnis für die Gäste, sondern auch ein Herz für den Gletscher. Und für das ewige Eis auf 3000 Metern über Meer ist das frühere Saisonende ein Segen.

Vlies rettet zwei Meter Schneedecke

«Aktuell haben wir oben bei den Gletscherliften eine rund fünf Meter dicke Schneedecke», erklärt Hallenbarter. «Bis Ende Mai würden etwa zwei Meter davon wegschmelzen. Die Frühlingswochen machen einen Riesenunterschied.» Anstatt den Schnee der prallen Sonne auszusetzen, wird der Gletscher mit einem wasserundurchlässigen und UV-beständigen Kunstoff-Vlies abgedeckt. «insgesamt decken wir rund 90'000 Quadratmeter Fläche mit Vlies ab», so Hallenbarter. «Damit verhindern wir das Wegschmelzen von rund zwei Metern Schnee auf dieser ganzen Fläche.» Das Abdecken mit Vlies rettet also rund 180'000 Kubikmeter Schnee über den Sommer. Damit könnte man mehr als 70 olympische Schwimmbecken füllen.

10 Personen sind gegenwärtig am Titlis mit dem so genannten «Snowfarming» beschäftigt. Mit dem Anlegen von Schneereserven hat der PRD indes schon im Januar begonnen. Mittels Pistenfahrzeugen werden 1,5 Meter hohe Schneewälle angelegt, die rund 6 Meter auseinanderliegen. Der Wind trägt den Schnee an die Wälle heran, wo er liegen bleibt. Auf diese Weise werden natürliche Schneevorräte angelegt, etwa um im Sommer den Gletscherpark mit Iglu und Rutschpiste betreiben zu können.

Aus Schnee wird Firn und später Eis

In erster Linie soll das Snowfarming aber den Gletscherschwund bremsen und das ewige Eis möglichst lange erhalten. «Mit dem Anlegen von Schneevorräten und dem Abdecken von Schnee helfen wir der Natur, sich vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen», sagt Stefan Hallenbarter. «An bestimmten Stellen, etwa im Bereich der Skipisten ganz oben auf dem Gipfel, bauen wir den Gletscher auch gezielt aus, indem wir dort Schnee ausbringen und abdecken. Der Schnee wird mit der Zeit zu Firn und innerhalb von rund drei Jahren wieder zu Eis.»

Noch bis Ende Juni hegt und pflegt der PRD die Schneevorräte am Berg, dann ist Sommerpause. Doch schon Ende August beginnt die Vorbereitung auf die Saisoneröffnung im Oktober: Das Vlies wird wieder vom Gletscher abgezogen, Gletscherspalten werden verschlossen, der Gipfel wird winterfertig gemacht.

Dann gilt das Prinzip Hoffnung. Dann hoffen Stefan Hallenbarter und seine Kolleginnen und Kollegen auf kalte Temperaturen und Niederschlag. Auf Schnee. Auf so viel Schnee, dass er den Gletscher noch viele Jahre gut durch die Sommermonate bringt.







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