seilbahn.net | Themenbereiche | Urban | 2018-09-26

Urbane Seilbahnen: „Flugtaxis“ gibt es schon heute

Gastbeitrag von Robert Zormeier

Seilbahn-Hersteller müssen die Vorteile ihrer Lösungen für die Zukunft der städtischen Mobilität noch klarer kommunizieren 

Unsere Städte wachsen unaufhaltsam weiter – und damit die Verkehrsbelastung in ihnen. Keine Frage, der Stadtverkehr muss smarter werden, damit wir ihn in Zukunft auch nur halbwegs bewältigen. Geforscht wird in viele Richtungen – ob clevere Verkehrsleitsysteme, City-Maut-Konzepte, autonom fahrende Fahrzeuge, Shared-Mobility-Lösungen oder aber das Vernetzen von verschiedenen Verkehrsträgern. Allerdings fehlt den meisten Plänen eine wichtige Dimension – und zwar die nach oben.

Denn gerade in Europa zeigt man in Sachen Verkehrsproblematik zu viel Bodenhaftung: Breitere Straßen, mehr Schienen – die Lösungsversuche laufen häufig immer noch zu zweidimensional. In einigen Städten jedoch denkt man bereits weiter und bezieht den Luftraum in die Planung mit ein. Hier geht es jedoch nicht um futuristische „Flugtaxis“ oder ähnliches. Die Lösung ist viel naheliegender: Die gute alte Seilbahn ist dabei, eine Renaissance in den Städten der Zukunft zu feiern. 

Urbane Seilbahnprojekte nehmen weltweit zu 

Denn Seilbahnen haben einen entscheidenden Vorteil: Sie kommen mit schwierigen topographischen Verhältnissen zu recht. In La Paz und El Alto in Bolivien ist in den letzten Jahren beispielsweise das größte urbane Netz an Seilbahnen der Welt entstanden. 

Aufgrund der schwierigen Lage der Städte mit zahlreichen Bergen und Hügeln gab es in der Vergangenheit nur wenige große Straßen und Hauptverkehrswege zwischen dem Regierungssitz La Paz und der Stadt El Alto, in der sich auch der Flughafen befindet, was tagtäglich stundenlange Staus zur Folge hatte. 

Die Lösung des Verkehrsproblems lag in der dritten Dimension – und zwar im Bau eines urbanen Seilbahnnetzes. Das Konzept ist ein voller Erfolg, es besteht bereits heute aus sieben verschiedenen, stark frequentierten Linien. Die Gondelbahnen verbinden dabei hoch in der Luft die verschiedenen Städte und Stadtteile. Bis zum Jahr 2019 soll das Netz weiter auf eine Gesamtlänge von rund 30km anwachsen. 

Mittlerweile schweben sich auch in zahlreichen anderen Städten urbane Seilbahnen und sind dort Teil des ÖPNV, so zum Beispiel in Mexiko-Stadt, Hongkong, Ankara, Toulouse und Medellin. Auch in München findet bereits ein Umdenken statt: Hier werden aktuell mehrere Seilbahn-Projekte, unter anderem entlang des Frankfurter Rings und zur Messe, diskutiert, die den ÖPNV sinnvoll ergänzen könnten.

Die Seilbahn als „modernes“ Transportmittel in der Stadt? Eine Frage der richtigen Kommunikation! 

Natürlich ist eine Seilbahn keine brandneue Erfindung. Aber die bewährte Technologie ist trotz ihrer hundertjährigen Geschichte auch keineswegs veraltet, ebenso wenig wie Bahn (Jahrgang 1829), U-Bahn (1863) und Auto (1886). Wie sie werden auch Seilbahnsysteme immer weiter entwickelt. 
Passt so eine Technologie in die Städte der Zukunft und kann sie sich gegen Eisen- und U-Bahn, Auto und Co durchsetzen? Die Antwort lautet ja, denn moderne Seilbahnen gelten im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern als besonders kosten- und energieeffizient. Damit hat diese Technologie das Zeug dazu, uns über die drängenden Verkehrsprobleme der Zukunft buchstäblich hinweg zu setzen.

Für Seilbahnhersteller liegt im urbanen Raum somit die geschäftliche Zukunft – denn hier können sie einen völlig neuen Markt bedienen. Dadurch lassen sich nicht nur die Ausfälle kompensieren, die dem Klimawandel geschuldet sind. Setzen sich die schwebenden Verkehrsmittel in den Städten durch, eröffnen sich enorme Absatzchancen im wachsenden urbanen Sektor.   

Wenn Hersteller diesen Markt erschließen wollen, sind sie jedoch auch kommunikativ besonders gefordert – gilt es doch in doppelter Hinsicht komplett neue Zielgruppen zu adressieren: Sie müssen den Nutzen ihrer Seilbahnen als Teil von künftigen, smarten Mobilitäts-Lösungen in urbanen Ballungsräumen noch klarer gegenüber Öffentlichkeit und Entscheidern darstellen und sich noch stärker als ein innovationsträchtiger Partner positionieren. Denn im Bereich der städtischen Mobilität der Zukunft konkurrieren sie mit anderen Transportsystemen, Fahrzeug- und Bahnherstellern sowie Infrastruktur- und Mobilitätsdienstleistern um das beste Konzept für den Stadtverkehr der Zukunft. Und die Player, mit denen sie es hier zu tun haben, sind groß und bestens etabliert.   

Zu oft begegnet einem bei Gesprächen mit der städtischen Bevölkerung auch noch das verstaubte Vorurteil, dass Gondeln nur zum Transport von Touristen, Wanderern oder Skifahrern geeignet seien. Auch wirken die Bahnen noch wie „Fremdkörper“ auf die Bewohner, da man sie bislang meist nur aus alpinen Regionen und nicht wie U- oder Tram-Bahn im vertrauten Stadtbild kennt. Hier sind strategische Kommunikationskonzepte nötig, um eine breitere Akzeptanz bei der Bevölkerung zu schaffen und Vorurteile abzubauen. Vorher werden die Hersteller das aussichtsreiche Potential der Stadtseilbahnen nicht erschließen können.   

Wenn diese kommunikativen Herausforderungen gemeistert sind, wird sich zeigen, dass die urbanen Verkehrsproblemen auch in Europa buchstäblich in den Seilen hängen.        

Zum Autor:
Robert Zormeier ist Senior Consultant bei der internationalen Marketing-Kommunikationsagentur Text100 (www.text100.com) und betreut dort Kunden aus dem Automotive-, Smart Cities- und B2C-Umfeld. Wenn er mal nicht kommuniziert hält er sich bevorzugt in den Bergen auf. 

Text100 ist eine globale Agentur für integrierte Marketingkommunikation. Seit über 35 Jahren unterstützt Text100 Innovationstreiber und etablierte Player dabei, bestehende Märkte zu erschließen und neue zu eröffnen. Viele der weltweit größten Marken vertrauen auf uns, wenn es darum geht, ihre Innovationen spannend und verständlich zu erzählen, Reputation aufzubauen und Veränderungen voranzutreiben. 

Kontakt: 
Text100 Integrated Marketing Communications 
Robert Zormeier
robert.zormeier@text100.de 
+49 (0)89/99837017

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